Von Holzknechten & Trophäen

In diesem zweiten Teil der Serie darf ich euch in die Geschichte der Forstwirtschaft und der Jagd im Kleinarler Talschluss mitnehmen. Im ersten Teil haben wir schon das „Gut Jägersee“ und die Fischerei näher beleuchtet. Und jetzt stürzen wir uns gleich in den Wald bzw. in die lange und wichtige Historie der Holzwirtschaft.

Durch königliche Schenkungen kam der Wald im Salzburgerland in die Hand der Erzbischöfe. Durch die zunehmende Besiedelung mussten Nutzungsregelungen erlassen werden, da so stark in den Wald eingegriffen wurde. Bereits im Jahre 1237 wurde eine solche Waldordnung verfügt. In Salzburg wurde ein reger Bergbau betrieben, Gold, Silber, Kupfer, Eisen, weitere Metalle und Salz wurden abgebaut, dafür war viel Holz notwendig. Deshalb musste in „verhackten Schlägen und Maißen wieder Schwarzwald herangezogen werden, was zu jedermanns Nutzen, ob arm oder reich, gereiche.“ Die Hoch- und Schwarzwälder und die den Untertanen zugeteilten Wälder wurden zu Salinen- (Salzabbau) und Bergwerkswälder erklärt und durch Zäune abgetrennt. Durch möglichst genaue, aktuelle und gegen Versetzung überwachte Grenzmarken, konnten die Wälder voneinander getrennt gehalten werden. Oftmals wurden die Grenzen von den Bauern zu deren Vorteilen verändert. Zum Schutz und zur Überwachung, ob die erlassenen Waldordnungen eingehalten wurden, setzte man Waldmeister, Unterwaldmeister, Förster, Waldaufseher und Forstknechte ein. Per Gericht sollen zwei bis drei Unterwaldmeister eingesetzt werden, weil der „Waldmeister solch ambt allein nicht verrichten mag (kann)“. In Kleinarl wurde ein Unterwaldmeister eingesetzt, der Waldmeister selbst war in Werfen.
Zu den damaligen Holzwerkzeugen der Holzknechte gehörte die Maishacke, die Asthacke, der Sappel (Sapine), Fußeisen und die Schneeschaufel. Mit der Maishacke hatte man jedoch viel Verlust. Ab 1785 wurde dann die Langsäge eingeführt, dies stieß bei den Holzknechten und Bauern, wie anfangs oft bei Neuerungen auf Widerstand. Das Holz wurde durch Triften auf Bächen und Flüssen zu den Bergwerken geschafft. Es wurde zwischen „Freibächen oder Selbstwässern“ unterschieden, die führten so viel Wasser, dass kein Klausen („Verklemmen“ der Stämme) möglich war. Bei den Haupt- und Nebenbächen waren Triftmeister eingestellt. Sie sorgten vor allem dafür, dass die Holztrift aus den Nebentälern in der Salzach zusammenkam, um dann weiter Richtung Hallein zu schwimmen.

Glücklich und reichlich bezahlt

Die Menschen in Kleinarl waren immer schon bestrebt, in einem Umfeld zu leben, indem sie glücklich und genügsam ihr Auskommen hatten. Sie brauchten nie großen Luxus um zufrieden zu sein – eine Charaktereigenschaft, die bis heute verankert ist und damals die Obrigkeit beeindruckte. Der Domherr, Graf Spaur, schildert 1805 folgendes mit großer Hochachtung: „Diese Holzknechte setzen sich der mit dieser Arbeit verbundenen Lebensgefahr für einen des Tages hindurch zu verdienenden Gulden (= fl) aus, und wähnen sich glücklich und reichlich bezahlt. Ich sprach in Pliembach mit einem Manne, der vormals Holzknecht war, jetzt aber verheurathet ist und ein kleines Bauerngut besitzt, auf dem er 7-8 Kühe über ernähren kann. Ich fragte ihn, ob er oder seine Frau Geld zu diesem Kaufe geerbt hätten. Er antwortete mir: nein, mein Weib brachte mir nur 200fl gut. Ich aber war 14 Jahre Holzknecht, Gott segnete mich so mit Kräften und Gesundheit, daß ich täglich arbeiten und mir eines Tages wohl über einen Thaler manchmal auch 2fl verdienen konnte, weil wir nach der bearbeiteten Klafter bezahlt wurden, und auf dieser Art ersparte ich mir so viel, daß ich die Hälfte für mein Gut bar bezahlen konnte. Ich erzähle dir diese Anekdote, weil ich die Früchte der Arbeitsamkeit und Mäßigkeit noch in keinem lebhafteren Bilde unter Menschen dargestellt fand.“ Tatsächlich betrug der damalige Monatslohn 6fl, daher sind 2fl für einen Tag ein sehr guter Verdienst. So gut die Arbeit auch bezahlt wurde, so gefährlich war sie auch. Oft in unwegsamen Geländen an steilen Hängen, bei jedem Wetter mit, für unser heutiges Verständnis, doch recht primitiven Werkzeugen und Pferdegespannen hatten die Holzknechte einen anspruchsvollen Arbeitsplatz.

Bauer ohne Rechte

Das Gemeinde Wappen Kleinarls ziert ein Geweih eines kapitalen Hirsches, da kann man schon auf eine besondere Bedeutung der Jagd im Tal schließen. Wir wollen mal ganz weit zurückgehen. Viele Funde aus frühgeschichtlicher Zeit beweisen, dass die Jagd schon immer eine wichtige Rolle im Dasein der Menschen gespielt hat. Es entschied das Gewohnheitsrecht über Ausmaß und Nutzungsform. Zur Zeit Karl des Großen folgte eine Nutzungsregelung um den Verwüstungen des Waldes Einhalt zu gebieten. Es entstanden Bannforste und Jagdregale und aus freien Markgenossen wurden Untertanen. Auch im 15. Jhdt. blieb ein gewisses Ausmaß an Freiheit erhalten, doch 1495 brachte die Anerkennung des römischen Rechtes den Bauernstand um seine im Gewohnheitsrecht verankerte Freizügigkeit. Mit freiem Fischen und Jagen war es vorbei. Es folgten wachsende Unterdrückung durch Grund- und Lehensherren. Das Jagdrecht als Regal (= dem König zustehende Sache), wurde den Landesfürsten übertragen und die wiederrum gaben es an große oder kleine, weltliche und geistige Herren weiter.  Es lastete die ganze Schwere der Unfreiheit bis ins 18. Jhdt. auf dem bäuerlichen Volk. Eine unerhörte herrschaftliche Vergnügungssucht verkörperte die Jagd. Ein übertriebener Wildstand, keine Rücksicht auf die Landwirtschaft, ungeheure Wildschäden, eingestellte Jagden, zusammengetriebenes Wild auf engstem Raum und die Missachtung der bäuerlichen Menschen, die oft mit den Tieren gleichgestellt wurden, schürten den Hass gegen die Obrigkeit und das Wild selbst.

Im Einklang mit Mutternatur

Doch dann 1848 im Zuge der Grundlastenablösung war die Jagd ein unlösbarer Bestandteil des Grundeigentums. Plötzlich, nach mehreren Jahrhunderten der Entfremdung und der Feindseligkeit war die Jagd wieder Sache des Bauern geworden. Und leider, wie in vielen Situationen unserer Vergangenheit müssen wir erkennen, dass Unterdrückung Hass und Unvernunft brachte. Ohne Maß und Ziel wurden große Teile der Wildbestände vernichtet. Einerseits aus Hass auf die Tiere selbst, die jahrhundertelang unerreicht für die Bevölkerung blieben und andererseits in hemmungsloser Gewinnsucht an bisher Unzugänglichem und die Wilderei wurde zum Kavaliersdelikt. Langsam und nach einiger Zeit kam es durch Idealgestalten wie Erzherzog Johann und Kaiser Franz Joseph zur Pflege jagdlichen Brauchtums und Jagdgesinnung. So entwickelte sich aus dem ursprünglichen Nutzen der Lebenserhaltung und Abwehr der wilden Tiere über die Ausschweifungen des Mittelalters die heute geltende Einstellung. Die Jagd ist eine sinnvolle Erhaltung aller naturgegebenen Lebewesen und deren vernünftige Abstimmung auf die Voraussetzungen des Lebensraumes. Der Jäger ist dazu berufen den Reichtum der Schöpfung zu bewahren.

Gutsverwalter in vierter Generation

In vierter Generation ist nun ein „Sepp Haitzmann“ der Betreuer des „Gut Jägersees“. Das 2776 ha große Gebiet ist im Besitz der Herrschaft Nesselrode-Reichenstein aus der Eifel und bejagt wird es fast ausschließlich von der heutigen Besitzerin, Constanze Grafin Nesselrode und ihrer Familie. 1916 wurde der erste „Sepp Haitzmann“ zum Gutsverwalter. Heute führt sein Urenkel Sepp Haitzmann (IV) das Gut und die Familie betreibt auch das Gasthaus am See. Über die Jahre standen alle Haitzmanns vor verschiedenen Problemen: Wilderei in der Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg und Jagdrevierverletzungen durch Jagdscheininhaber der angrenzenden Reviere. Gräfin Nesselrode erinnert sich gerne an die Rufe in der Hirschbrunft, die man vom Bett aus hören konnte, oft sah man auch Hirsche bei Mondschein auf der Wiese neben dem See stehen. Zwischen 1960 und 1986 kam es erneut zu Unregelmäßigkeiten im Jagdgebiet. Eine Jagdpächterin eines benachbarten Reviers führte nicht nur bei Knappheit im Winter Wildfütterungen durch, sondern das ganze Jahr über. Neben Heu und Kraftfutter wurden die Tiere auch mit Äpfeln, Traubenzucker, Sesam und Zuckerrüben verwöhnt. Das Hochwild und das Rehwild nahmen das Angebot auch im Sommer an, es scheute weniger und es kam zu tödlichen Überfütterungen. Man versuchte mit Dünger Wildäcker zu ziehen. Doch die Maßnahmen führte ins Nichts und zeigte, wie so oft, dass man nicht ungestraft in den natürlichen Ablauf der Natur eingreifen sollte.

Wie die Geschichte zeigt ist die Erhaltung der Natur im Kleinarler Talschluss schon lange Thema. Heute wird der Lebensraum des Waldes und der Tiere behutsam für uns Menschen, Spaziergänger und Wanderer geöffnet. Die lebendige Natur mit ihrem empfindlichen Rhythmus sollte nicht gestört werden. Egal wo ihr in der Natur unterwegs seid, ob am Berg, See oder im Wald, respektiert Hinweise, Sperrgebiete und die Grenzen der Umgebung – nur so bleibt der Reichtum im Kleinarler Talschluss erhalten und wir alle, Einheimische, Tagesgäste und Urlauber erfreuen uns seiner Schönheit.

Beim dritten und letzten Teil der Serie gehen wir näher auf die Geschichte des sagenumwobenen Tappenkar ein.

Info

Tipps & Infos: Die Informationen stammen aus der Ortschronik Kleinarl. Wenn ihr gerne mehr über die Geschichte Kleinarls erfahren möchtet, könnt ihr die Chronik von Kleinarl bei der Gemeinde Kleinarl erwerben.

Bildnachweis: TVB Wagrain-Kleinarl