Ich erinnere mich gern an die Stunden mit meiner Urgroßmutter im Kräutergarten. An die verschiedenen Blätter und Gräser und an das leuchtende Orange der Ringelblume. Oft sammelten wir zusammen die verschiedensten Pflanzen. Getrocknet als Tee oder zum Ansetzten von Likören und Schnäpsen oder einfach zum Verfeinern beim Kochen. Dabei erklärte sie mir deren Wirkung und wie man sie anwendet. So wusste ich schon früh um die Kraft der Kräuter, doch über die Bäume hingegen kann ich nicht viel sagen.
Einige kann ich natürlich beim Namen nennen, und dass mächtige Exemplare in alten Zeiten verehrt, ja sogar, angebetet wurden, hatte ich auch schon gelesen. Daher war ich sehr gespannt als im Juli 2018 der neue “Kraft der Bäume – Lehrpfad” feierlich eröffnet wurde.
Der Pfad
Der Pfad führt von Kleinarl vorbei an der Jausenstation Ennskrax´n und dann in einem großen Bogen zurück. Auf den 3 Kilometern beschreibt er 32 heimische Laub- und Nadelbäume. Man bewältigt insgesamt 244 Höhenmeter in ca. 3 Stunden aber ihr könnt euch auf zwei Rastplätzen entlang der Strecke ausruhen.
Konzipiert und umgesetzt wurde er von einer engagierten Kleinarlerin, Christine Höller. Als ausgebildete Diplom Kräuterexpertin weiß sie um die Nutzung der Knospen, Blüten, Blätter, Rinden und Wässer der Bäume. Christine bietet auch geführte Wanderungen an:
„Kraft der Bäume“ Lehrpfad:
- Familientag (ca. 2 Std.)
- Heilkräftige Tour mit Verkostung (ca. 4 Std.)
- Hochprozentige Tour mit Schnapsstamperl (ca. 3 ½ Std.)
- „Kraft der Bäume“ Wandertag (ca.6 St.)
Workshops:
- Knospenworkshop
- Die kulinarische Verwendung von Bäumen – sammeln, kochen, verkosten (ca. 6 Std.)
- Heilkräftiges aus unseren Wäldern (Pechsalbe, Hustensirup, Tees etc. Herstellung)
Waldbaden:
- Energie tanken, verbunden mit den Heilkräften des Waldes, Zeit für sich nehmen, (Waldbaden nach Methode Werner Buchberger) ca. 5. Std
Neugierig geworden, vereinbaren wir einen Termin für eine geführte Tour mit Christine. Da wir eine Gruppe von 10 Leuten sind, ist ein Termin um 18:15 Uhr an einem sonnigen Donnerstagabend kein Problem. Ausgestattet mit festem Schuhwerk, einer leichten Jacke, falls es frisch wird und etwas zu trinken, treffen wir uns mit Christine am Startpunkt der Tour.
Schnapsgläser um den Hals
Zehn Minuten von der Kleinarler Kirche, am Ende der Kreuzsalgasse, markiert eine große Übersichtskarte des Pfades den Startpunkt. Hier kann man sich auch noch einen Flyer mit Plan für den Weg mitnehmen. Als wir alle versammelt sind, begrüßt uns Christine herzlich und überreicht jedem von uns ein Schnapsglas an einem Band, dass wir uns um den Hals hängen – na, dann kann´s ja losgehen! Einige Bäume wurden für den Lehrpfad neu gepflanzt, andere stehen schon viele Jahre an ihrem Platz. Schon nach nur 50 Metern hält die Gruppe, denn wir stehen vor unserem ersten Baum – eine Esche. Eine Tafel beim Baum beschreibt dessen Nutzung und Heilkraft auf Deutsch und auf Englisch. So kann man auch ohne Expertin Christine viel über unsere Bäume lernen. Wir erfahren, dass das Holz der Esche zu den Edelhölzern gehört und für seine Festigkeit und Elastizität sehr geschätzt wird. Nach einigen Infos zu den Blättern und Knospen geht´s weiter den Berg hinauf. Der dritte Baum ist die Birke und dort kommt auch das Schnapsglas das erste Mal zum Einsatz. Christine fischt eine Flasche aus ihrem Rucksack und schenkt uns allen Birkenwasser ein und erzählt von der reinigenden und entschlackenden Wirkung. Mit diesen Gedanken nippen wir an der klaren Flüssigkeit – schmeckt gar nicht schlecht!
Eiche & Wacholderstrauch
Bald erreichen wir den ersten Rastplatz und schießen gleich ein Gruppenfoto. Ein paar Bäume weiter bin ich voll überzeugt: Die Heilkraft der Bäume und ihre vielseitige Anwendung ist genauso umfassend wie die der Kräuter und sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Es ist schön, dass man auf diesem Lehrpfad viel über die grünen Riesen erfährt, bevor all das Wissen komplett in Vergessenheit gerät. Entlang des Pfades erwarten uns auch einige Highlights, wie der „Baum-Info-Stadl“. Darin befindet sich eine Blätter-, Samen- und Baumscheibensammlung, neben Beschreibungen kann man bei einem Baumquiz auch sein bereits Gelerntes testen. Ich bin mir sicher, auch Kinder lieben diesen Stadl. Wir kommen an einer Klangstation vorbei, wo man den verschiedenen Hölzern Klänge entlocken kann. Mein persönlicher Lieblingsbaum ist die alte Buche. Dieser Baum ist riesig und wuchs auf einem Felsen, sodass sich seine mächtigen Wurzeln um den Stein schlangen. Unter seinen Blättern wurde eine Holzbank installiert. Es gibt nichts Schöneres, als sich hinzulegen und dem Rauschen der Blätter zu horchen…
Die Baumjause
Ca. 2,5 Stunden später – und nach einigen Schnäpsen (Kirschschnaps, Zirbenschnaps, Nussschnaps) – kommen wir zum Abschluss der Tour – der Baumjause.
Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man aus Blättern und Knospen eine Jause zusammenstellt – doch bald sollte ich eines Besseren belehrt werden…
Katharina von der Jausenstation Ennskrax´n erwartete uns schon. In der warmen gemütlichen Stube versammeln wir uns schnell um einen Tisch und warten gespannt auf die Snacks vom Baum. Die “Vorspeise” sind kleine goldbraune Ulmensemmeln dazu gibt es eine Fichtenbutter, eine Wald-Guacamole und eine Weidencreme. – Alles schmeckt unglaublich gut! Zur Hauptspeise gibt es herzhafte Lindenblütenröllchen – herrlich. Und zum krönenden Abschluss bekommen wir einen saftigen Heidelbeerkuchen und Wald-Whoopies (süße Doppelkekse), da ist der Teller schnell leer. 🙂 „Je nach Monat werden die verschiedenen Teile (Knospen, Blätter, Blüten, …) vom Baum verwendet. Ich versuche immer wieder neue Kreationen und jedes Mal ist die Jause einzigartig, wie jeder Baum und jede Beere“, versichert uns Katharina.
Welcher ist euer Kraft-Baum?
Als wir uns mit vollen Bäuchen an den Abstieg machen, ist es schon dunkel. Beim Ausgangspunkt verabschieden wir uns von Christine und bedanken uns für diesen tollen Abend. Zur Erinnerung bekommen wir alle ein Baum-Amulett. Ich werde mich auf alle Fälle nochmal auf den Lehrpfad begeben, denn es gibt immer noch was zu entdecken. – Und welcher ist euer Kraft-Baum?
Bildnachweis: Kassandra Klein, Wagrain-Kleinarl Tourismus
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