Brot backen, wie es nur noch wenige können!

Als ich die Tür zu Oma Gerdas Stube öffne, steigt mir sogleich der Duft von frischem Brot in die Nase. Das ist jeden Dienstag so – denn Dienstag ist Brotbacktag. Mittlerweile ist es ein Pflichttermin für mich geworden, jede Woche am selben Tag bei Oma reinzuschneien und ein paar Scheiben frisches Brot zu jausnen. Dazu brauche ich dann keine Butter, keine Marmelade und auch keine Wurst oder Käse. Alle Freunde von gutem Brot wissen, dass dieses pur am besten schmeckt. Sofern ich Zeit habe, komme ich am Brotbacktag gleich früh morgens, dann kann ich der leidenschaftlichen Bäckerin von Anfang an über die Schulter schauen.

Omas Backstube

Omas Backstube befindet sich im Keller des Hauses. Hier unten ist alles sehr schlicht gehalten – immerhin ist sie ja keine professionelle Bäckerin. Dennoch bäckt sie seit über 40 Jahren Brot und vergibt dieses Woche für Woche an Familie und Freunde. Für ihr Bauernbrot verwendet sie eine Mischung aus Weizenvollkornschrot, Roggen, Roggenvollkornschrot, Dinkel, Sauerteig, ganz wenig frischem Naturgerm, Wasser und einer Handvoll Gewürze. Nach all den Jahren des Beobachtens, dem vielen Verkosten sowie dem Selberbacken weiß ich aber, dass vor allem eine große Portion Handwerkskunst und eine noch größere Portion Liebe hinter dem Geheimnis des guten Geschmackes stecken.

Tagwache um 5 Uhr

Wie jeden Dienstag ist auch heute bei Oma Gerda um 5 Uhr morgens Tagwache. Alles steht für den großen Backtag bereit: Das Getreide, die Brotkörberl mit rosa-weiß-karierten Deckchen, eine uralte Waage und der große Backofen.

Zu Beginn des sechsstündigen Back-Marathons richtet Oma ein „Dampfi“ her, das ist eine Mischung aus Wasser, Sauerteig und Germ, die nun ein wenig rasten darf. In der Zwischenzeit vermengt sie das Getreide mit Salz und Brotgewürz. Sobald das „Dampfi“ an Volumen zugenommen hat, kommt es vorsichtig in den Teig. Noch einen großen Schuss lauwarmes Wasser dazu und der Brotteig ist fertig. Dieser darf nun ein weiteres Mal rasten und aufgehen.
Nun werden Teigportionen abgewogen, damit am Ende jeder Laib etwa gleich schwer ist. Anschließend knetet Oma die einzelnen Portionen per Hand und formt Brotlaibe, die nochmals im Körbchen gut zugedeckt rasten dürfen.
Bevor diese Laibe dann in den vorgeheizten Ofen dürfen, schmiert sie Oma mit Wasser ein. Und jetzt kommt sie schon mit dem sogenannten „Schießer“, einer flachen Holzschaufel, um die Ecke, um das Brot in den Ofen „einzuschießen“, wie es in der Bäckersprache so schön heißt.
Nach ca. 45 Minuten sind die Brotlaibe fertig gebacken. Sobald Oma den Backofen öffnet, entfaltet sich der herrliche Duft von frischem Brot – und die Verkostung kann zu meinem Entzücken ein weiteres Mal beginnen!

Brotrezept zum Nachmachen

200 g Weizenvollkornschrot
100 g Sauerteig
600 ml lauwarmes Wasser
300 g Roggenmehl
200 g frisch gemahlenen Dinkel
200 g frisch gemahlenen Roggen
100 g Weizenmehl
10 g Hefe
20 g Salz
1 EL Brotgewürz

Zubereitung:

Am Vortag:
Weizenschrot über Nacht einweichen. Den Sauerteig mit 300 ml lauwarmem Wasser glatt rühren, Mehle vermischen. In der Mitte der Masse eine Mulde machen, Sauerteig rein geben, etwas umrühren und über Nacht an einem warmen Ort stehen lassen.

Am Backtag:
Die Hefe zum Sauerteig bröseln und alles vermischen. Salz, Brotgewürz und eingeweichten Schrot dazugeben sowie nach und nach das restliche Wasser untermengen. Teig gut durchkneten und 2 Stunden an warmem Ort gehen lassen. Brotlaib formen und in einem Körberl nochmal 30 Minuten gehen lassen. Mit Wasser bestreichen und in den vorgeheizten Ofen bei 230 Grad ca. 30 Minuten backen. Jetzt den Ofen auf 160 Grad zurückschalten und weitere 15 Minuten backen.

Bildnachweis: Eva-Maria Nagl