Da hat es sich meine bessere Hälfte wieder einmal leichtgemacht! Sie sorgt für den Kuchen und ich soll ein Geschenk für die Einweihungsparty der neuen Wohnung von Martin und Lisa besorgen. „Muss ja nichts Großartiges sein, aber ein bisschen etwas Persönliches halt!“.
Als mein Blick auf ein Zirbenbäumchen in unserem Esszimmer fällt, habe ich Gott sei Dank die rettende Idee: Der Sauschneid Sepp! Und da die Sonne vom Himmel lacht, bleibt das Auto in der Garage und ich mache mich zu Fuß auf den Weg Richtung Schachenmoor auf der Löbenau.
Wanderung zum „Sauschneid Sepp“
Dort befindet sich auf 1.200 m Seehöhe die Werkstatt von Josef Habersatter, bei uns als „Sauschneid Sepp“ bekannt (benannt nach dem Sauschneidhof, einem wunderschönen Bauernhof, den er bereits vor Jahren seinem Sohn übergeben hat). Ich kenne Sepp schon seit meiner Kindheit und Jahre später waren wir Skilehrerkollegen in der Schischule Radstadt, wo er uns „jungen Wilden“ immer mit Rat und Tat zur Seite stand.
Sepp war sowieso immer ein außergewöhnlicher Mensch und ein Bauer mit Leib und Seele. Seine große Liebe gehört aber dem Holz, genauer gesagt dem Zirbenholz. Aus schier unscheinbaren Stücken der Zirbe zaubert er in seiner Werkstadt kleine Kunstwerke, jedes ein Unikat. So hat sich Sepp in den letzten 20 Jahren einen beachtlichen Ruf als Holzkünstler weit über die Grenzen Radstadts erworben.
Zirben & „Seppologie“
Nach einer Stunde Fußmarsch erreiche ich die Werkstatt samt kleinem Sägewerk und das Geräusch der Motorsäge ist nicht zu überhören. Sepp werkt gerade inmitten von Holzstämmen und Brettern und ist so richtig in seinem Element, sodass er mich erst spät wahrnimmt. „Willst du wirklich zu mir oder hast du dich nur verlaufen?“ – Sepp hat immer einen Scherz auf Lager und er nimmt mich gleich mit in einen kleinen Raum, um mir seine neuesten Kreationen zu zeigen.
Danach nehmen wir auf der Bank vor der Werkstatt Platz und er erzählt über seine aktuelle Ideen. Und da wird es augenscheinlich, dass Sepp nicht nur Holzkünstler ist, sondern auch ein kleiner Philosoph und Visionär. Denn Sepp denkt auch sehr viel nach – über Heimat, Tourismus, Bauernstand, Natur und Umwelt. Das Ganze nennt er nicht ohne ein Augenzwinkern „Seppologie“. Manch Einheimischer hat ihn deswegen schon belächelt. Aber wenn man sich die Zeit nimmt – die man bei einem Besuch beim Sepp zweifelsohne braucht – dann kann man seinen Ansichten durchaus etwas abgewinnen und einiges zum Nachdenken mitnehmen. Immer wieder taucht das Wort „Biosphäre“ auf, womit Sepp die Landschaftsökologie meint. Nicht ohne Grund ist er auch gern gesehener Gast in einer benachbarten Landwirtschaftsschule.
Düfte und Wohlbefinden
Als er mit seinen Ausführungen gerade so richtig auf Hochtouren kommt, unterbricht ihn ein Urlauberehepaar aus Kassel, das ebenfalls von Sepp gehört hat und ihn unbedingt kennenlernen will. Sepp führt sie zuerst in seinen Schauraum und gibt bereitwillig Auskunft. Er erklärt den Besuchern die gesundheitsfördernde Wirkung und die mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten der Zirbe und des darin enthaltenen Zirbenöls. So schläft man in einem Bett aus Zirbenholz sicher besser als in einer herkömmlichen Schlafstätte, das Raumklima wird zweifelsfrei verbessert und auch die antibakterielle Wirkung des Zirbenöls ist wissenschaftlich nachgewiesen. Nicht ohne Stolz präsentiert er auch eine knapp 24 m lange Holzkette, welche er im Jahr 2009 aus nur einem Stamm mit 17 m gefertigt hat. Auf die Frage der Gäste, wie er zum Holzkünstler wurde, antwortet Sepp in seiner einfachen Art: „Ich habe es halt einfach einmal probiert.“
Während er den Besuchern weitere Kreationen präsentiert, wird es für mich langsam Zeit, Abschied zu nehmen. Aber halt – vor lauter Zuhören hätte ich fast auf das Mitbringsel vergessen. Ich erwerbe noch schnell zwei Gläser mit Spänen aus Zirbenholz, ein Glas für Martin und Lisa und eines für meine Frau und mich – da wird es auch in unserer Wohnung frisch duften und das gibt sicher wieder Pluspunkte zu Hause! Ich verabschiede mich von Sepp, dabei lenkt er meinen Blick auf das Hintere Labeneck, wo vor einigen Tagen der erste Schnee gefallen ist und ich weiß: Der Sepp denkt bestimmt schon an den Winter. Denn auch nach nahezu einem halben Jahrhundert als Skilehrer, steht Sepp noch immer auf den Skiern. Aber die sind ausnahmsweise nicht selbst geschnitzt!
Bildnachweis: Juliane Habersatter, TVB Radstadt
Nelleke krol
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3 Oktober